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Zwischen Rausch & Lust - eine Szene im Chemsex Fieber

Aktualisiert: 19. März



Exzess, Ekstase und die Suche nach dem ultimativen Rausch.


Ein wummernder Beat treibt die Menge an. Der Bass dringt tief in den Körper, lässt ihn mitschwingen in einem schier endlosen Frühmorgen. Schweiß glänzt auf nackter Haut, Hände greifen, Lippen und nackte Körper pressen sich gierig aneinander. Im strobo-getränkten Dunst des Clubs gibt es keine Scham, keine Zeit, keine Regeln – nur die Ekstase.

Doch irgendwann, wenn das Tageslicht durch die Straßen Berlins flutet, endet die Party nicht zwangsläufig. In einer Stadt, in der Clubs tagelang geöffnet haben und Tage die Nächte ablösen und fließend ineinander übergehen, ist das Ausgehen manchmal nur ein Vorspiel. Ein weiterer Höhepunkt beginnt danach, wenn die Tanzfläche oder der Darkroom gegen ein dunkles Wohnzimmer, ein Hotelzimmer oder eine Airbnb-Wohnung getauscht wird. Dort, wo es keine durchdringenden Bässe mehr gibt, keine Fremden, die zwischen einem und der völligen Entgrenzung stehen. Nur gierige Körper, chemische Verlockungen und ein Raum, in dem jede Grenze verschwimmen darf.


Die Welt des Chemsex ist facettenreich – nicht jeder betritt sie auf demselben Weg. Manche tauchen über die ekstatischen Clubnächte ein, andere betreten sie direkt, ohne jemals eine Tanzfläche gesehen zu haben. Für viele beginnt das Wochenende mit einer Party. Man feiert, tanzt, konsumiert – und irgendwann ist klar, wo man später hingeht. Ein Chill, ein Ort, an dem die Party nicht endet, sondern sich in etwas Tieferes, Intensiveres verwandelt. Hier geht es nicht um die Musik und Tanz, sondern um Nähe, um Berührung, um völlige Hemmungslosigkeit. Es wird nachgelegt, alles geteilt, neues ausprobiert, Erfahrungen ausgetauscht.


Andere brauchen den Umweg über den Club gar nicht (mehr). Sie verabreden sich direkt über Grindr, Buddys Scruff, oder in geschlossenen Whatsapp & Telegramgruppen. „PnP?“, „High & Horny?“, „Lust auf Chill?“ "ChillT?" "ToNighT"?– wenige Worte genügen, um klarzumachen, was gemeint ist. Hier geht es nicht um Smalltalk, nicht um ein Date. Der Code ist eindeutig. Man trifft sich nicht, um sich kennenzulernen – sondern um sich zu verlieren. Der Rahmen ist privat, aber nicht weniger exzessiv. Manche Sessions dauern viele Stunden, andere einige Tage mit einem ständigen Kommen und Gehen und einigen, die das Ende nicht mehr finden.


Was verbindet, ist die Sehnsucht nach etwas, das größer ist als der Alltag. Die chemische Verstärkung hebt jede Berührung auf ein neues Level, jedes Stöhnen wird intensiver, jeder Orgasmus scheint das Universum zu aufsprengen. Hemmungen verschwinden, Tabus werden gebrochen, Lust kennt keine Grenzen mehr. Doch wo so viel chemische Ekstase ist, ist auch der Absturz nicht fern. Was passiert, wenn der Montag kommt? Wenn die euphorisierte Nacht sich in einen ausgehöhlten Körper verwandelt? Wenn das Verlangen nach dem nächsten Mal lauter ist als die Vernunft?


In diesem Beitrag möchte ich beide Seiten beleuchten: die betörende Anziehungskraft ebenso wie die Risiken. Warum ist Chemsex für viele so unwiderstehlich? Wer ist besonders anfällig für Abhängigkeit? Welche Substanzen spielen eine Rolle? Und vor allem: Welche Wege gibt es für diejenigen, die an dem Punkt angekommen sind, an dem der Rausch nicht mehr nur Befreiung, sondern auch Bürde ist? Es geht nicht darum, zu urteilen, sondern darum, zu verstehen.


Chemsex ist eine Reise – für manche eine Befreiung, für andere ein Kreislauf ohne Exit. Die Frage ist: Wo führt sie hin?


Wer ist anfällig für Chemsex?


Nicht jeder, der Drogen konsumiert, wird abhängig oder verfängt sich in riskanten Mustern. Doch es gibt bestimmte Gruppen, die besonders anfällig für Chemsex sind:

  • Männer, die Sex mit Männern haben: Häufig beeinflusst durch gesellschaftliche Stigmatisierung, einer HIV Infektion, Internalisierten Druck oder Schwierigkeiten mit der eigenen sexuellen Identität.

  • Personen mit psychischen Vorerkrankungen: Angststörungen, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen oder Traumata können das Bedürfnis nach Betäubung verstärken.

  • Personen mit geringem Selbstwertgefühl: Die Drogen dienen als Mittel, um Hemmungen abzubauen und sich begehrenswerter zu fühlen.


Welche Substanzen werden meist zum Chemsex konsumiert?


GHB /GBL (Gina, G)

Wirkung: Agonist an GABA-Rezeptoren, wirkt beruhigend.

Effekte: Entspannung, Euphorie, gesteigerte Libido.

Risiken: Atemdepression, Bewusstlosigkeit, Abhängigkeit


Ketamin (Keta, K)

Wirkung: blockiert NMDA-Rezeptoren, verändert Wahrnehmung und Bewusstsein

Effekte: Dissoziation, Schmerzreduktion, Halluzinationen.

Risiken: Abhängigkeit, Gedächtnisstörungen, Blasenschäden


Kokain (Coca, Coke, C)

Wirkung: blockiert Dopamin-, Serotonin- und Noradrenalin- Transporter, verlängert ihre Wirkung.

Effekte: Euphorie, gesteigerte Energie, erhöhter Blutdruck

Risiken: Abhängigkeit, Depression, Herzprobleme


Mephedron (Mephi, Mephisto, 4-MMC, 3-MMC)

Wirkung: Fördert die Freisetzung von Dopamin & Serotonin, ähnlich wie MDMA.

Effekte: Euphorie, gesteigerte Geselligkeit, erhöhte Körpertemperatur.

Risiken: Abhängigkeit, Depression, Erschöpfung („Suicide Tuesday“)


Methamphetamin (Tina, T, Crystal, Meth)

➡. Wirkung: Massive Dopamin-Freisetzung, hemmt Wiederaufnahme, zerstört Nervenzellen.

Effekte: Extreme Euphorie, Wachheit, Aggression.

Risiken: schwere Abhängigkeit, Psychosen, Hirnschäden.


Monkey Dust (Monkey, MDPV, Cathinon)

Wirkung: Starker Dopamin-Wiederaufnahmehemmer, ähnlich wie Meth.

Effekte: Hyperaktivität, Halluzinationen, Paranoia.

Risiken: Aggressivität, Psychosen, Organschäden, stark suchtfördernd


Poppers (Alkylnitrite, z. B. Amylnitrit)

Wirkung: erweitern Blutgefäße, setzen Stickstoffmonoxid (NO) frei.

Effekte: Rauschgefühl, Wärme, Muskelentspannung, gesteigerte Lust.

Risiken: Kopfschmerzen, Blutdruckabfall, Ohnmacht


Viagra (Sildenafil, PDE-5-Hemmer)

Wirkung: erweitert Blutgefäße, verbessert die Durchblutung.

Effekte: Erektionsfördernd, leichte Leistungssteigerung.

Risiken: Blutdruckabfall, Herzprobleme, Sehstörungen.


Meistens werden verschiedene Substanzen als Cocktail kombiniert und immer wieder zu verschiedenen Zeiten nachgelegt. In der Chemsex Szene gibt es zum Teil Unverständnis und Intoleranz gegenüber Usern von Crystal Meth und Monkey Dust, insbesondere auch, wenn die Substanzen intravenös (geslammt) eingenommen werden. Diese Intoleranz ist in beide Richtungen zu beobachten und legt offensichtlich alte Muster von Verletzungen wie Scham und Ausgrenzung offen, die queere Personen in ihrer Vergangenheit gemacht haben.


Safer Use


In der folgenden Tabelle wird dargestellt, welche Kombinationen von Substanzen wie miteinander wirken und welche eine Gefahr darstellen und nach Möglichkeit vermieden werden sollten.



Was ist Abhängigkeit und wie überlagern sich die Süchte?


Chemsex kann schleichend von gelegentlichem Konsum zu einer tiefgreifenden Abhängigkeit übergehen.


Die WHO definiert Abhängigkeit von Substanzen inkl. Alkohol nach diesen Kriterien:

  1. Craving: Ein übermächtiges Verlangen oder eine innere Notwendigkeit, die Droge zu konsumieren.

  2. Kontrollverlust: Schwierigkeiten, den Beginn, die Menge oder das Ende des Konsums zu steuern.

  3. Toleranzentwicklung: Der Körper gewöhnt sich an die Substanz, sodass immer größere Mengen nötig sind, um dieselbe Wirkung zu erzielen.

  4. Entzug: Körperliche oder psychische Entzugserscheinungen treten auf, wenn der Konsum reduziert oder beendet wird.

  5. Interessenverlust: Der Konsum wird zum Lebensmittelpunkt, während andere Aktivitäten (Beruf, soziale Kontakte, Hobbys) vernachlässigt werden.

  6. Ignoranz negativer Folgen: Die Substanz wird weiter konsumiert, obwohl gesundheitliche, psychische oder soziale Schäden auftreten.


Wenn drei oder mehr dieser Kriterien andauernd oder immer wieder innerhalb eines Zeitraumes von 6 Monaten erfüllt sind, spricht die WHO von einer Abhängigkeitserkrankung. Besonders tückisch ist die Verbindung zwischen Sex- und Drogensucht. Viele Betroffene berichten, dass sie ohne Substanzen keinen sexuellen Reiz mehr verspüren oder Sex ohne Drogen als langweilig empfinden. Sexsucht gehört nicht zu den substanzgebundenen Süchten. Die Experten sind sich uneins, ob dies eine Zwangsstörung, eine Verhaltenssucht, oder eine Störung der Impulskontrolle ist.


WHO-Definition der Zwanghaften Sexualverhaltensstörung (CSBD)


  • Wiederholtes Scheitern, sexuelle Impulse oder Triebe zu kontrollieren, was zu exzessivem Sexualverhalten führt.

  • Fortgesetztes sexuelles Verhalten trotz negativer Konsequenzen, z. B. Beziehungskonflikte, Vernachlässigung von Arbeit oder sozialen Verpflichtungen.

  • Vergebliche Versuche, das Verhalten einzuschränken oder zu kontrollieren.

  • Zunahme der Häufigkeit oder Intensität des sexuellen Verhaltens als Reaktion auf negative Emotionen wie Stress oder Langeweile.


Eine Dauer von mindestens 6 Monaten, damit die Diagnose gestellt werden kann. Wenn sich Abhängigkeit entwickelt und beides sich miteinander verbindet, weil sich neuronale Verbindungen im Gehirn verweben, ist es besonders schwer, sein Problem wieder in den Griff zu bekommen.


Warum konsumieren insbesondere Männer gerne Chemsex-Drogen?


  • Mehr Lust und Hemmungslosigkeit: Der Körper wird empfindlicher, Grenzen verschwimmen.

  • Längere Ausdauer: Der Sex kann über viele Stunden oder mehrere Tage andauern.

  • Soziale Integration: Auf den Partys wird Konsum als normal empfunden, wodurch Gruppenzwang entsteht.

  • Flucht vor negativen Gefühlen: Einsamkeit, Selbstzweifel oder Ängste werden unterdrückt.


Die Drogen erfüllen verschiedene Bedürfnisse, die als sehr angenehm empfunden werden, unangenehme Gefühle werden unterdrückt.


Die Schattenseiten: Auswirkungen auf Lust, Leistungsfähigkeit und Pornografiekonsum


  • Sexuelle Abhängigkeit: Viele empfinden ohne Drogen keine Lust mehr oder müssen immer intensivere Reize suchen.

  • Leistungsdruck: Die gesteigerte Ausdauer führt zu unrealistischen Erwartungen an den eigenen Körper.

  • Pornografiekonsum: Durch die Kombination von Drogen und Pornografie kann eine Spirale entstehen, in der immer extremere Inhalte benötigt werden, um Erregung zu verspüren.

  • Psychische Erkrankungen wie Depressionen, völlige Erschöpfung


Durch die grenzenlose und kostenlose Verfügbarkeit von Pornografie und die Verfügbarkeit von Chemsex Partys bedarf es immer neuer Reize im Außen. Sex wird nur noch möglich, wenn immer neue visuelle Reize im Außen da sind. Der eigene Körper wird nicht mehr lustvoll erlebt, wenn die äußeren Reize wegfallen.


Die Rolle sexueller Skripte beim Chemsex


Die Theorie der sexuellen Skripte wird häufig verwendet, um zu verstehen, wie gesellschaftliche Einflüsse und individuelle Wahrnehmungen die sexuelle Identität und das sexuelle Verhalten formen. Sie betont, dass sexuelle Erfahrungen nicht nur biologische Prozesse sind, sondern auch stark durch soziale und kulturelle Faktoren geprägt werden. Chemsex ist oft mit bestimmten Fantasien und Rollenbildern verbunden, die im Rausch intensiviert erfahren werden. Soziale und kulturelle Faktoren, die nüchtern eher komplexbeladen sind, werden durch den Rausch aufgelöst.


  • Dominanz und Unterwerfung: Durch Drogen verstärkt sich das Bedürfnis nach extremen sexuellen Dynamiken. Grenzen verschieben sich und lösen sich auf.

  • Gruppensex und Sex-Freunde: Der Fokus liegt weniger auf Intimität als auf körperlicher Stimulation.

  • Entfremdung vom eigenen Körper: Durch den Rausch werden natürliche Grenzen ignoriert.


Welche Gefühle werden beim Chemsex unterdrückt?


  • Angst und Unsicherheit: Drogen schaffen ein künstliches Gefühl der Kontrolle.

  • Scham und Selbstzweifel: Besonders in der queeren Community sind negative Selbstbilder weit verbreitet.

  • Einsamkeit: Chemsex wird oft als Ersatz für echte zwischenmenschliche Nähe genutzt.


Viele Konsumenten verdrängen unter Einfluss von Drogen ihre negativen Gefühle. Es werden andererseits ausgelöst durch die Drogen teils euphorische & für den Moment sehr positive Gefühle erzeugt, die aber oft nach dem Konsum ins Gegenteil verkehren.


Wege raus aus dem Chemsex


Wer in einen problematischen Chemsex-Konsum geraten ist, kann verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten nutzen. Es stehen verschiedene Angebote in Berlin zur Verfügung, die in verschiedenen Phasen, Konsummustern und Vorbelastungen ganz unterschiedlich sein können.


  • Therapie und Beratung: Sexual- und Suchttherapien helfen, Konsummuster zu hinterfragen und alternative Strategien zu entwickeln


  • Safer Use Strategien: Maßnahmen zur Schadensminimierung, Testmöglichkeiten für Substanzen und Aufklärung über sichere Konsumpraktiken


  • Community-Support: Selbsthilfegruppen oder anonyme Beratungsstellen bieten einen geschützten Raum für Austausch und Unterstützung


Im Fall einer starken Abhängigkeit gibt es meist keinen anderen Weg, als einen längeren stationären Aufenthalt in einer Klinik, wenn man seine Sucht hinter sich lassen möchte. Die bekannteste Klinik in Deutschland sind die Salus Kliniken in Hürth bei Köln.


Der Therapieprozess erfolgt in 4 Phasen:


  1. Entgiftung (1-4 Wochen)

  2. Entwöhnung (3-6 Monate)

  3. Soziale und berufliche Rehabilitation (Monate bis Jahre)

  4. Nachsorge und Rückfallprävention


Was verändert sich durch eine Therapie, wenn diese erfolgreich verläuft?


Ursachen & Mechanismen der Sucht werden verstanden

  • Warum bin ich abhängig geworden?

  • Wie wirken Drogen auf mein Gehirn & Verhalten?

  • Welche psychischen & sozialen Faktoren beeinflussen meine Sucht?


Umgang mit Suchtdruck & Rückfallprävention

  • Erkennen von Triggern (z. B. Stress, soziale Situationen)

  • Entwicklung alternativer Bewältigungsstrategien

  • Notfallpläne für Rückfallgefahr


Emotionale & psychische Stabilität werden gestärkt

  • Umgang mit Emotionen ohne Drogen (z. B. Angst, Wut, Trauer)

  • Selbstwertgefühl & Selbstvertrauen aufbauen

  • Bearbeitung traumatischer Erlebnisse


Neue Denk- & Verhaltensmuster etablieren sich

  • Negative Denkmuster erkennen & verändern

  • Aufbau gesunder Routinen & Struktur im Alltag

  • Stress- & Konfliktbewältigung


Soziale Kompetenzen & Beziehungen verbessern sich

  • Gesunde Kommunikation & Abgrenzung erlernen

  • Wiederaufbau von Beziehungen zu Familie & Freunden

  • Umgang mit Schuldgefühlen & sozialer Stigmatisierung


Zukunftsperspektiven werden entwickelt

  • Berufliche Wiedereingliederung

  • Sinnvolle Freizeitgestaltung ohne Drogen

  • Unterstützung bei Wohnungs- & Jobsuche


Entkopplung von Drogen & Sexualität

  • Gedanken an Sex kann automatisch den Gedanken an Drogen auslösen

  • Therapie hilft, eine neue, natürliche Sexualität zu entdecken.

  • Entwicklung neuer positiver Erfahrungen ohne Substanzen & Förderung eines gesunden Körperbewusstseins & Selbstwertgefühls


Was sind gefährliche Stolpersteine nach oder während einer Therapie?


Der Weg aus der Sucht ist besonders tückisch, weil viele unbewusste Verknüpfungen bestehen, die das Verlangen nach Drogen immer wieder auslösen können. Die Rückfallgefahr ist besonders hoch, da die psychische Abhängigkeit oft länger bestehen bleibt als die körperliche. Bestimmte Orte, Musik, Menschen oder auch Gedanken können den Suchtdruck aktivieren, und der Gedanke „Nur einmal wird schon nicht schaden“ kann schnell in einen Rückfall führen. Es ist auch schwierig, sich von alten sozialen Kontakten zu lösen, vor allem von Freunden, die weiterhin konsumieren. Der Druck, nicht als langweilig oder Spielverderber wahrgenommen zu werden, kann dazu führen, dass man wieder in alte Kreise zurückkehrt.


Ein weiteres großes Problem ist, dass Partys und exzessive Tage & Nächte häufig ein zentraler Bestandteil der Freizeitgestaltung waren. Ohne Drogen kann das Feiern anfangs leer oder langweilig wirken, da die Substanzen oft als der Hauptfaktor für den Spaß und die Intensität angesehen wurden. Es braucht Zeit, um neue Hobbys zu finden und gesunde Wege zur Dopamin-Ausschüttung zu entdecken, um diesen „Kick“ zu ersetzen. Ein besonders heikler Punkt ist die Entkopplung von Sex und Drogen. Viele Menschen haben unter Drogeneinfluss intensivere oder aufregendere sexuelle Erlebnisse gemacht, was es schwer macht, den Sex ohne Substanzen als gleichwertig oder befriedigend zu erleben. Die Angst, dass Sex ohne Drogen „langweilig“ oder „weniger intensiv“ sein könnte, spielt oft eine Rolle und macht es schwer, die sexuelle Beziehung zu sich selbst und zu anderen wieder ohne Substanzen zu genießen. Hinzu kommt die Sehnsucht nach den aufregenden Wochenenden im Rausch. Die Erinnerung an euphorische Momente kann die negativen Folgen des Drogenkonsums überschatten, und der Alltag erscheint nach den intensiven Rauschzuständen oft grau und langweilig. Diese nostalgischen Gedanken können die Gefahr bergen, sich in der Vergangenheit zu verlieren und das Bedürfnis nach dem „Kick“ wieder zu erwecken.


All diese Herausforderungen machen die Suchtbewältigung besonders schwierig, doch es gibt Wege, damit umzugehen. Es hilft, bewusst neue, echte Glücksmomente zu schaffen und sich selbst die Zeit zu geben, den eigenen Dopamin-Haushalt wieder zu normalisieren. Der Austausch mit Menschen, die ein gesundes, drogenfreies Leben führen, kann ebenfalls eine wichtige Unterstützung bieten. Dabei ist es wichtig, dass Rückfälle nicht als Misserfolg gesehen werden, sondern als Teil des Prozesses, aus dem man lernen und gestärkt hervorgehen kann.


Gibt es alternative Therapieansätze?


Psychedelische Therapieansätze in der Drogentherapie nutzen psychoaktive Substanzen wie Psilocybin, MDMA, Ketamin und LSD in einem kontrollierten, therapeutischen Umfeld, um tiefere psychische Ursachen von Sucht zu bearbeiten. Diese Substanzen verändern die Wahrnehmung, reduzieren emotionale Blockaden und fördern neue Perspektiven auf das eigene Verhalten. Das klingt paradox, dass man mit der kontrollierten Einnahme von Drogen, den Weg aus der Abhängigkeit finden kann.


Psilocybin zeigt vielversprechende Ergebnisse in der Behandlung von Alkohol- und Nikotinabhängigkeit, während MDMA Empathie und Vertrauen stärkt, um traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Ketamin hat antidepressive Effekte und kann Denkmuster verändern, die mit Suchtverhalten verbunden sind.

Der therapeutische Prozess umfasst die Integration der psychedelischen Erfahrungen in den Alltag, um nachhaltige Veränderungen zu erreichen. Die Forschung zu diesen Ansätzen ist vielversprechend, und sie könnten zukünftig eine wertvolle Ergänzung zu traditionellen Suchttherapien darstellen. Allerdings unterliegen die meisten dieser Substanzen, wie Chemsexsubstanzen momentan dem BTMG.


EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) zur Kontrolle von Triggern:

EMDR ist eine therapeutische Methode, die hilft, die emotionale Reaktion auf belastende Erinnerungen und Trigger zu reduzieren. Bei der Behandlung von Suchtverhalten, wie Chemsex, werden mit EMDR spezifische Trigger (z. B. bestimmte Situationen, Gedanken oder Gefühle) identifiziert und durch eine gezielte Technik der Augenbewegungen verarbeitet. Dabei wird das Gehirn unterstützt, die emotionalen Reaktionen auf diese Auslöser neu zu verarbeiten und die damit verbundenen Stress- oder Suchtsymptome abzubauen. Ziel ist es, die Intensität des Verlangens nach Drogen zu verringern und alternative, gesunde Reaktionen zu fördern. EMDR kann dabei helfen, den Umgang mit den emotionalen Auslösern zu verbessern und die Versuchung, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen, zu mindern. Wichtig ist genau zu explorieren, wie stark die Abhängigkeit ist.


Gibt es andere Alternativen? - Der Weg zu einer bewussten Sexualität


Eine bewusste Sexualität ist eine Praxis, die sich stark auf Achtsamkeit, Selbstreflexion und authentische Verbindung fokussiert. In diesem Rahmen geht es darum, sich voll und ganz in den Moment zu begeben, ohne Ablenkungen durch äußere Substanzen. Hier sind einige Aspekte dessen, was man erleben kann:


  1. Achtsamkeit und Präsenz:

    Wenn man sich voll und ganz auf den Moment konzentriert, können intensivere körperliche und emotionale Erfahrungen entstehen. Man nimmt die eigene Körperwahrnehmung und die des Partners auf einer tieferen Ebene wahr. Dies führt zu einer stärkeren körperlichen und emotionalen Verbindung, da man sich nicht von äußeren Reizen ablenken lässt.


  2. Offenheit für Neues:

    Durch eine bewusste Herangehensweise an Sexualität ist man oft offener für neue Erfahrungen und die eigenen Wünsche. Das bedeutet, dass man Raum für Kreativität und Erkundung schafft, ohne dass festgelegte Vorstellungen oder ein bestimmtes Ziel (wie Orgasmus oder Leistung) im Vordergrund stehen.


  3. Ehrliches Mitteilen:

    Kommunikation wird zu einem zentralen Bestandteil. Es geht darum, die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen klar und respektvoll zu äußern und gleichzeitig die des Partners zu hören. Dies fördert das gegenseitige Vertrauen und sorgt für eine tiefere emotionale Verbindung.


  4. Das innere Kind und Selbstmitgefühl:

    Sexualität wird hier nicht nur als physische Erfahrung gesehen, sondern auch als eine Gelegenheit, sich selbst und seinen Körper zu lieben und zu schätzen. Wenn man in Kontakt mit dem inneren Kind tritt, können unbewusste Blockaden und alte Muster erkannt und geheilt werden. Dies kann zu einer freieren, erfüllenderen Sexualität führen.


  5. Gefühle zulassen:

    In einer bewussten Sexualität geht es darum, alle Gefühle zuzulassen – sowohl positive als auch schwierige. Gefühle wie Freude, Liebe, aber auch Trauer oder Verletzlichkeit können Teil der Erfahrung sein. Indem man diese Gefühle ohne Urteil zulässt, schafft man Raum für eine tiefere emotionale Nähe.


  6. Empathie:

    Empathie für den Partner ist entscheidend. Es geht darum, sich in die Perspektive des anderen hineinzuversetzen und mit ihm zu fühlen. Diese Verbindung auf emotionaler und körperlicher Ebene fördert nicht nur das Vertrauen, sondern auch das Verständnis für die Bedürfnisse und Wünsche des Partners.


  7. Dankbarkeit und Optimismus: Eine Grundhaltung von Dankbarkeit und Optimismus kann die Sexualität bereichern, indem sie eine positive, wertschätzende Perspektive schafft. Dankbarkeit für den eigenen Körper, für den Partner und für die gemeinsame Erfahrung fördert eine tiefere Verbindung und ein Gefühl der Erfüllung.


Was man erleben kann, ist eine intensivere und erfüllendere sexuelle Erfahrung, die nicht nur auf dem physischen Akt basiert, sondern auch auf emotionaler und spiritueller Ebene stattfindet. Es ist eine Einladung, Sexualität als eine Form der Verbindung, des Wachstums und der Heilung zu erleben. Für alle die keinen Partner haben, gibt es in Berlin Gruppenangebote und Safer Spaces, wo man sich mit Gleichgesinnten treffen kann.


Reflexionsfragen für Betroffene und Interessierte zum Thema Chemsex


  • Welche Rolle spielt Chemsex in deinem Leben oder in deinem Umfeld?

  • Was hast du durch Chemsex gewonnen, was hast du möglicherweise verloren?

  • Gibt es bestimmte Ängste, Unsicherheiten oder Sehnsüchte, die du mit Chemsex zu bewältigen versuchst?

  • Welche Rolle spielt dein Freundeskreis, oder die Gesellschaft in der Normalisierung von Chemsex?

  • Wie oft hast du Sex ohne Chems und wie kannst du es genießen?

  • Welche Arten von therapeutischer oder gemeinschaftlicher Unterstützung wären für dich hilfreich, um die Kontrolle über dein Verhalten zu bekommen (z. B. Therapie, Selbsthilfegruppen, Online-Communities)?

  • Welche Menschen in deinem Umfeld könnten dich unterstützen, wenn du den Wunsch hast, den Konsum zu beenden oder zu reduzieren?

  • Welche langfristigen Ziele hast du in Bezug auf deine Sexualität und deinen Umgang mit Chemsex?

  • Was könntest du tun, um dich selbst in deinem sexuellen und emotionalen Wachstum zu unterstützen, ohne auf Chemsex zurückzugreifen?


Hast du Fragen zu deinem Konsum, deiner Sexualität oder möchtest du dich zu diesem Thema weiter mit mir austauschen? Ich stehe dir als erfahrener Sexualtherapeut gerne unterstützend zur Seite. Schreib mir oder vereinbare ein kostenfreies Erstgespräch! tm@habitus-novo.de


Autor des Artikels: Torsten Machold 3/2025


Weiterführende Hilfsangebote und Anlaufstellen in Berlin


Manometer

Angebote: Beratung und Unterstützung für Männer, die Drogen in Verbindung mit sexuellen Erlebnissen konsumieren (Chemsex). Das Angebot richtet sich an Menschen, die mit Drogen und Sexualität im Zusammenhang stehen.

Adresse: Skalitzer Str. 130, 10999 Berlin

Telefon: +49 30 615 599 70


Berliner Aids-Hilfe e.V. (Fachstelle Chemsex)

Angebote: Beratung, Prävention und Unterstützung für Menschen, die beim Konsum von Drogen im Rahmen von Chemsex Hilfe benötigen. Die Fachstelle bietet auch psychologische Beratung und Aufklärung.

Adresse: Mariannenstraße 19-21, 10999 Berlin

Telefon: +49 30 614 030


SISSY – Sucht- und Sozialtherapeutische Institution für Schwule und Lesben

Angebote: Therapeutische Hilfe für Schwule und Lesben, die Unterstützung bei Suchtverhalten und Chemsex-Problematik benötigen.

Adresse: Glogauer Str. 17, 10999 Berlin

Telefon: +49 30 695 707 88


Verein für sexuelle Gesundheit und Aufklärung (VSGA)

Angebote: Beratung und Unterstützung für Menschen, die sexuelle Probleme oder Drogenkonsum im Zusammenhang mit sexuellen Erlebnissen haben. Das Angebot umfasst auch psychologische Beratung und Therapie.

Adresse: Oranienstraße 34, 10999 Berlin

Telefon: +49 30 259 378 0


Schwulenberatung Berlin

Angebote: Beratung und Unterstützung für schwule, bisexuelle und queere Männer in verschiedenen Lebensbereichen, einschließlich Hilfe bei Suchtproblemen, Chemsex und sexueller Gesundheit. Sie bieten auch psychologische Beratung und Gruppensitzungen an.

Adresse: Lützowstraße 14, 10785 Berlin

Telefon: +49 30 214 72 20


Weiterführende & empfehlenswerte Literatur:


  • The Chemical Carousel: What Science Tells Us About Beating Addiction" von Dr. J. C. Fagundes - Es behandelt, wie Drogen das Gehirn und die Wahrnehmung von Lust und Verlangen beeinflussen und welche Auswirkungen dies auf die psychische Gesundheit hat.

  • "Lust, Rausch und Crystal Meth - Wege aus dem Chemsex Konsum bei MSM" von David Facewett übersetzt von Anton Gerber

  • "Chemsex: A Guide to the Risks, Rewards and Realities of Using Drugs in Sexual Settings" von Dr. Michael J. Rowe - Dieses Buch bietet eine fundierte und praktische Analyse von Chemsex, den damit verbundenen Risiken und den psychologischen Auswirkungen. Es bietet auch wertvolle Einsichten für Menschen, die mit Chemsex zu tun haben, sowie für Fachleute, die in der Sucht- und Gesundheitsarbeit tätig sind.

  • "The Chemsex Workbook: A Manual for Everyone Affected by Chemsex" von Dr. David Stuart - Es behandelt die psychologischen, emotionalen und körperlichen Auswirkungen von Chemsex und bietet konkrete Strategien zur Unterstützung und Veränderung.



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